Weniger ist mehr

Wir kennen es doch alle: Hin und wieder wird aus irgendeinem lästigen Grund ein neues Passwort oder eine neue PIN benötigt. Dabei soll es auch noch etwas sein, das sich leicht merken lässt und von den bisher verwendeten unterscheidet.

Insbesondere bei Multi-Faktor-Authentifizierung genügt auch schonmal eine vier-, sechs- oder achtstellige PIN: Wenn wir eine neue EC-Karte, einen neuen Personalausweis erhalten oder zur Entsperrung unseres Smartphones. Aber wie sieht es eigentlich mit der Sicherheit von solchen PINs aus?

Grundsätzlich lehrt uns die Kombinatorik, dass bei 10 unterschiedlichen Ziffern (0-9) zur Auswahl und bei einer vierstelligen PIN genau 10 hoch 4 also 10.000 verschiedene Kombinationen existieren. Im schlechtesten Fall müssten diese alle ausprobiert werden — im Mittel würde ein Angreifer nach der Hälfte, also nach 5000 Versuchen, die korrekte PIN durch systematisches Ausprobieren ermitteln können.

Üblicherweise sperren sich aber Geräte nach mehrmaligen Fehleingabe: Dies ist häufig schon bei drei Fehlversuchen der Fall. So betrachtet sind die vierstelligen PINs also nicht so übel: Die Wahrscheinlichkeit bei drei Versuchen die korrekte PIN in einem dieser Versuche zu wählen liegt bei 0,03 %.

1-(\frac{9999}{10000}*\frac{9998}{9999}*\frac{9997}{9998})=0.0003

Aber dabei darf auch die Realität nicht vergessen werden: Auf den Tasten des Gerätes hinterlassen wir stets einen Fingerabdruck der häufig auch ohne Hilfsmittel erkennbar ist. Insbesondere bei der Glasscheibe eines Smartphones ist dies vermutlich jedem schon selbst aufgefallen. Probleme dieser Art wurden auch schon im Beitrag Neulich im Supermarkt angedeutet. Wenn wir nun vor der Auswahl einer PIN stehen, möchten wir es dem potenziellen Angreifer möglichst schwer machen. Intuitiv würde man also vermutlich eine PIN wählen die aus vier verschiedenen Ziffern besteht um eine möglichst hohe Sicherheit zu erzielen. Aber ist das wirklich besser?

In der Schule lernt man (häufig), dass sich die Anzahl der möglichen Permutationen (Anordnungen) von n-vielen Elementen über die Fakultätsfunktion n! berechnen lässt. So lassen sich vier verschiedene Ziffern auf 4!=24 unterschiedliche Arten anordnen. Aber es könnte auch sein, dass nur zwei verschiedene Ziffern verwendet wurden oder nur drei oder sogar nur eine Ziffer. Wie berechnet man in so einem Fall die Anzahl der Möglichkeiten?

Hierzu betrachten die Anzahl der Permutationen mit nicht unterscheidbaren Elementen. Sind m von insgesamt n Objekten nicht unterscheidbar, können diese auf m! verschiedene Positionen verteilt werden. Die Anzahl der Permutationen insgesamt (n!) werden um diese Kombinationen reduziert.

\frac{n!}{m_1! \cdot m_2! \cdot \ldots}

Die m1, m2, etc. stellen dabei die Gruppen von mehrfach vorkommenden Elementen dar. Als Beispiel: Hinterlassen wir nach Eingabe der PIN nur einen Fingerabdruck auf der Taste 4 so gibt es vier nicht unterscheidbare Elemente (m1=4) und somit ergibt sich:

\frac{4!}{4!}=1

Wenn wir hingegen auf zwei Tasten, z. B. der 3 und der 5 einen Fingerabdruck hinterlassen wissen wir nicht, ob die Zahl 3 einmal, zweimal oder dreimal in der PIN genutzt wird. In Frage kommen daher Kombinationen wie (3,3,3,4) aber auch (4,4,3,3) oder (4,4,4,3). Somit missen wir zweimal eine Gruppe von 3 identischen Ziffern berücksichtigen (die Ziffer 3 dreifach oder die Ziffer 4 dreifach) und zusätzlich die Permutationen, wenn die Ziffer 3 und die Ziffer 4 beide doppelt verwendet wurden. In diesem Fall erhalten wir 14 Möglichkeiten diese anzuordnen.

\frac{4!}{3!}+\frac{4!}{2!*2!}+\frac{4!}{3!}=14

Wie sieht das Ganze bei drei verschiedenen Ziffern aus? Sehen wir beispielsweise bei der 1, der 2 und der 3 einen Fingerabdruck, muss eine Ziffer doppelt genutzt worden sein. Wir berechnen die möglichen Permutationen bei (1,1,2,3). Wir wissen aber nicht welche der drei Ziffern doppelt verwendet wurde. So könnten auch Permutationen von (2,2,1,3) oder (3,3,1,2) in Frage kommen. Daher müssen wir diese drei Mal addieren.

\frac{4!}{2!}+\frac{4!}{2!}+\frac{4!}{2!}=3*(\frac{4!}{2!})=36
\frac{4!}{1!}=24

Bei vier unterschiedlichen Ziffern hingegen, erhalten wir ganz klassisch (Permutationen ohne Wiederholung) die bereits oben beschriebenen 24 verschiedene Kombinationen. Wir können uns diese zwei Fälle auch in Python generieren und anzeigen lassen. Hierzu kann die Methode permutations aus itertools hilfreich sein.

from itertools import permutations 
  
kombinations = [[1,1,2,3],[2,2,1,3],[3,3,1,2]]
#kombinations = [[1,2,3,4]]

all = []
for k in kombinations:
    perm = permutations(k) 
    for i in list(perm): 
        if i not in all:
            all.append(i)

print(all)

Erzeugt die Ausgabe dieser 36 Kombinationen:

[(1, 1, 2, 3), (1, 1, 3, 2), (1, 2, 1, 3), (1, 2, 3, 1), (1, 3, 1, 2), (1, 3, 2, 1), (2, 1, 1, 3), (2, 1, 3, 1), (2, 3, 1, 1), (3, 1, 1, 2), (3, 1, 2, 1), (3, 2, 1, 1), (2, 2, 1, 3), (2, 2, 3, 1), (2, 1, 2, 3), (2, 1, 3, 2), (2, 3, 2, 1), (2, 3, 1, 2), (1, 2, 2, 3), (1, 2, 3, 2), (1, 3, 2, 2), (3, 2, 2, 1), (3, 2, 1, 2), (3, 1, 2, 2), (3, 3, 1, 2), (3, 3, 2, 1), (3, 1, 3, 2), (3, 1, 2, 3), (3, 2, 3, 1), (3, 2, 1, 3), (1, 3, 3, 2), (1, 3, 2, 3), (1, 2, 3, 3), (2, 3, 3, 1), (2, 3, 1, 3), (2, 1, 3, 3)]

Betrachten wir die Ergebnisse in der Tabelle sehen wir, dass die meisten Permutationen bei 3 Ziffern zustande kommen. Dies natürlich unter der Prämisse, dass wir nicht wissen welche der drei Ziffern doppelt verwendet wurden.

1 Ziffer2 Ziffern3 Ziffern4 Ziffern
1 Permutationen14 Permutationen36 Permutationen24 Permutationen

Zusammenfassend ist zu sagen, dass sofern nur diese Art des Angriffs, dass ein Angreifer auf Basis der Fingerabdrücke oder anderen Spuren die Ziffern der PIN ermitteln kann berücksichtigt wird, eine PIN aus drei verschiedenen Ziffern am sichersten ist. Unnötig zu sagen, dass sich dieses Muster auch bei fünf- oder sechsstelligen PINs fortsetzt: Es ist stets besser eine Ziffer doppelt zu verwenden. Insbesondere sollte von einer PIN mit zwei Ziffern abgesehen werden, da ein Angreifer bei drei Versuchen diese mit einer Wahrscheinlichkeit von 21 % erraten würde; bei 3 Ziffern sinkt die Wahrscheinlichkeit hingegen auf 8,3 %.

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